Nadelstiche für Gesundheit und Wohlbefinden? Das mag sich zunächst seltsam anhören, ist aber genau das, was Akupunktur ausmacht. Dabei werden feine Nadeln gezielt in bestimmte Körperregionen gesetzt, um den Energiefluss zu verbessern und Beschwerden zu lindern.
Geschichte: die lange Tradition der Akupunktur
Der Begriff Akupunktur ist aus dem Lateinischen abgeleitet und setzt sich zusammen aus den beiden Worten „acus“ (die Nadel) und „punctio“ (das Stechen, also die Methode). Als Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Akupunktur eine Behandlungsmethode mit langer Geschichte. Ihre Ursprünge reichen etwa 2.500 bis 3.000 Jahre zurück. Die älteste heute bekannte schriftliche Erwähnung der Akupunktur stammt aus China und entstand im zweiten Jahrhundert vor Christus.
Im Jahr 1601 erschien ein großes Sammelwerk über die „Summe der Aku-Moxi-Therapie“ von Yang Jizhon, in dem das damalige Wissen über Akupunktur zusammengestellt wurde. Aus dem gleichen Jahrhundert stammt auch die erste Erwähnung der Akupunktur in Europa. Es sollte jedoch noch bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dauern, bis sich die Akupunktur als Behandlungsmethode in Europa ausbreitete.
Heute wird Akupunktur bei bestimmten Beschwerden oder Erkrankungen als Ergänzung zu schulmedizinischen Behandlungen eingesetzt und ist weithin bekannt und beliebt. So gaben in einer Umfrage aus dem Jahr 2016 fast 30 Prozent der Befragten an, dass sie regelmäßig eine Akupunktur-Behandlung durchführen lassen oder zumindest schon einmal ausprobiert haben [1].
Das steckt dahinter: Wie wirkt Akupunktur?
Die Traditionelle Chinesische Medizin geht davon aus, dass sich im menschlichen Körper zahlreiche Leitbahnen („Meridiane“) befinden, durch welche die Lebensenergie Qi fließt. Ist dieser Fluss ungestört, ist der Mensch gesund; ist der Durchfluss jedoch blockiert, treten Probleme wie Schmerzen oder Krankheiten auf – soweit die Annahme.
Ziel der Behandlung ist es, mithilfe der Akupunktur vorhandene Blockaden zu lösen, sodass das Qi wieder ungehindert durch den Körper fließen kann. Dazu werden Nadeln an bestimmten Stellen in den Körper gestochen, an denen die Lebensenergie direkt unter der Hautoberfläche hindurchfließen soll. Davon gibt es laut Traditioneller Chinesischer Medizin über 700 Stück.
Diese Lehren der Traditionellen Chinesischen Medizin sind wissenschaftlich nicht belegt. Positive Wirkungen der Akupunktur sind es teilweise jedoch schon, zudem gibt es zahlreiche Erfahrungsberichte, in denen die positiven Effekte der Akupunktur beschrieben werden. Doch wie diese genau zustande kommen, ist noch nicht vollständig geklärt. Es gibt verschiedene Theorien, die teilweise von Studien unterstützt werden. Eine davon besagt, dass die feinen Nadelstiche die Ausschüttung bestimmter Substanzen im Gehirn auslösen, von denen einige eine stimmungsaufhellende und schmerzlindernde Wirkung besitzen. Hierzu gehören zum Beispiel der Botenstoff Serotonin oder die Endorphine, im Volksmund bekannt als Glückshormone. Auch sollen die Einstiche der Nadeln die Durchblutung an diesen Stellen anregen, was sich positiv auf das Muskel- und Organsystem auswirken kann. Eine Übererregung von Nervenzellen durch Akupunktur wird ebenfalls diskutiert. Diese kann dazu führen, dass die Weiterleitung von Schmerzreizen unterbrochen und der Schmerz entsprechend weniger stark wahrgenommen wird.
Soll die Wirkung der Akupunktur diskutiert werden, kann allerdings der Placebo-Effekt nicht unerwähnt bleiben, denn auch er kann zu der beobachteten Wirkung von Akupunktur beitragen. Das kann natürlich zum Wohle des Patienten oder der Patientin beitragen, denn solange eine Behandlungsmethode eine Verbesserung erzielt, und das womöglich ohne Nebenwirkungen, sollte sie bei der Planung der Therapie berücksichtigt werden.
Anwendungsbereiche: Hier kommt Akupunktur zum Einsatz
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt etwa 100 Erkrankungen, bei denen sich eine Akupunktur anbietet. Dazu gehören vor allem:
- Atemwegserkrankungen, z. B. allgemeine Erkältungskrankheiten, akute Mandelentzündung, akute Nasennebenhöhlenentzündung, akute Bronchitis, Asthma
- Augenkrankheiten, z. B. Bindehautentzündung, Grauer Star
- Erkrankungen der Mundhöhle, z. B. Rachenentzündung, Zahnfleischentzündung, Zahnschmerzen
- Magen-Darm-Erkrankungen, z. B. akute und chronische Magenschleimhautentzündung, akute und chronische Darmentzündung, Verstopfung, Durchfall
- neurologische und orthopädische Erkrankungen, z. B. Kopfschmerzen, Migräne, Lähmungen nach Schlaganfall, Nervenschmerzen, Tennis-Ellbogen, rheumatoide Arthritis
Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass die Akupunktur möglicherweise auch bei folgenden Problemen und Erkrankungen hilfreich sein kann:
- chronische Schmerzen
- Menstruationsbeschwerden
- Bluthochdruck
- Schlaflosigkeit
- Diabetes
- Allergien (Heuschnupfen)
- Angstzustände und Depressionen
Außerdem wird die Akupunktur auch im Rahmen der Suchtentwöhnung, etwa von Nikotin oder Alkohol, eingesetzt. Der Traditionellen Chinesischen Medizin zufolge kann Akupunktur auch beim Abnehmen helfen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Übergewicht auf gestörte Regulationsmechanismen beziehungsweise, nach der Erklärung der TCM, einen gestörten Qi-Fluss zurückgeführt wird. Um dauerhaft mit Unterstützung der Akupunktur abnehmen zu können, ersetzt diese nicht die für den Erfolg des Abnehmprogramms unverzichtbare Bewegung in Kombination mit einer Ernährungsumstellung, etwa mit Rohkost. Haben Sie Probleme beim Abnehmen, hilft Ihnen möglicherweise unser Ratgeber zum Thema weiter.
Mit Akupunktur Schwangerschaft erleichtern – geht das?
Eine Akupunktur kann Schwangerschaftsbeschwerden lindern und den Geburtsvorgang unterstützen. Vor einer Anwendung der Akupunktur in der Schwangerschaft ist aber in jedem Fall Rücksprache mit dem Arzt zu halten, denn die Nadeleinstiche können unter bestimmten Umständen vorzeitige Wehen auslösen.
Ablauf: So funktioniert eine Akupunktur-Behandlung
Bei der Akupunktur-Behandlung liegt der Patient meistens auf dem Rücken in einem ruhigen Raum. Je nach Beschwerdebild sticht der behandelnde Arzt sterile Einmal-Nadeln an jeweils anderen Stellen in die Haut. Die flexiblen Nadeln bestehen aus rostfreiem Stahl und sind zwischen 10 und 100 mm lang. Je nachdem, wo die Nadeln gesetzt werden, können sie auch länger sein. Bei dem Einsatz am Kopf und Hals sind sie üblicherweise jedoch sehr kurz und dünn.
In der Regel werden bei einer Akupunktur-Sitzung maximal 16 Nadeln gesetzt, das heißt, es werden dabei bis zu 16 Punkte stimuliert. Da die verwendeten Nadeln sehr fein und zudem speziell geschliffen sind, ist von dem Einstich kaum etwas zu spüren. Nach kurzer Zeit empfinden manche Menschen ein angenehmes Wärme- oder Schweregefühl. Mithilfe spezieller Stimulationstechniken (z. B. Erwärmung oder Bewegung der Nadeln) lassen sich bestimmte Wirkungen erzielen. Die Nadeln bleiben ungefähr 20 bis 30 Minuten in der Haut, bevor sie von selbst abfallen oder wieder vorsichtig entfernt werden.
Sonderform der Akupunktur: Ohr als Miniatur-Abbildung des Körpers
Eine Sonderform der Akupunktur ist die Ohr-Akupunktur. Hier werden die Nadeln ausschließlich auf der Ohrmuschel gesetzt, die eine Miniatur-Abbildung des ganzen Körpers darstellen soll. Durch das Setzen der Nadeln an bestimmte Stellen sollen jeweils andere Organe stimuliert und Funktionsstörungen aufgehoben werden.
Risiken: Ist Akupunktur gefährlich?
Die Akupunktur gilt als sehr sichere und risikoarme Behandlung, vor allem, wenn sie von einer hierfür ausgebildeten und erfahrenen Person durchgeführt wird. Auch die heute übliche Verwendung von sterilen Einmal-Nadeln hat das Risiko für Komplikationen bei der Akupunktur erheblich verringert.
Nur sehr selten kommt es an der Einstichstelle zu Entzündungen oder Infektionen. Es können jedoch leichte Rötungen sowie kleinere Blutungen auftreten. Diese klingen in der Regel innerhalb weniger Tage von selbst wieder ab. Das gilt auch für vorübergehende Taubheitsgefühle oder leichte Schmerzen, die nach der Akupunktur an den Einstichstellen zu spüren sein können. Theoretisch möglich, aber sehr selten sind Nebenwirkungen wie Schwindel, Nervenreizungen oder Organverletzungen.
Preise: Mit diesen Kosten für die Akupunktur müssen Sie rechnen
Die Kosten für eine Akupunktur-Behandlung schwanken je nach Anbieter, Beschwerdebild und Behandlungsaufwand. In den meisten Fällen sind mehrere Sitzungen erforderlich. Die Preise für eine Akupunktur-Sitzung liegen in der Regel bei 30 bis 70 Euro.
Akupunktur-Kosten durch die Krankenversicherung übernehmen lassen?
Wird die Akupunktur im Rahmen einer Schmerztherapie der Lendenwirbelsäule oder des Kniegelenks durchgeführt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Schmerzen bereits seit mindestens einem halben Jahr bestehen und dass ein Arzt mit anerkannter Zusatzausbildung die Behandlung durchführt. Für die Anwendung durch einen Heilpraktiker oder die Behandlung anderer Beschwerden mit Akupunktur müssen Sie die Kosten selbst tragen.
Ob und in welchem Umfang die private Krankenversicherung die Kosten für eine Akupunktur übernimmt, ist von Tarif zu Tarif verschieden. Es besteht jedoch (auch für gesetzlich Versicherte) die Möglichkeit, eine private Zusatzversicherung abzuschließen, die eine Behandlung mittels Akupunktur bezahlt.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Thema “Akupunktur”
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt verschiedene Anwendungsbereiche für Akupunktur:
- Atemwegserkrankungen
- Augenkrankheiten
- Erkrankungen der Mundhöhle
- Magen-Darm-Erkrankungen
- neurologische Erkrankungen
- orthopädische Erkrankungen
Laut einigen der führenden deutschen Akupunkturgesellschaften kann Akupunktur darüber hinaus auch bei folgenden Erkrankungen eingesetzt werden [2]:
- Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- urologische / gynäkologische Erkrankungen
- Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen
- Hauterkrankungen
- psychische Störungen
Bei Gerinnungsstörungen, akuten psychiatrischen Erkrankungen oder akut lebensbedrohlichen Schwächezuständen darf keine Akupunktur durchgeführt werden. Auch bei folgenden Erkrankungen und Situationen sollte eine Anwendung nur nach sorgfältiger Abwägung und Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen:
- Krebserkrankungen
- Erb- und Systemkrankheiten
- Erkrankungen mit unklarer Ursache
- Schwangerschaft
Das lässt sich pauschal nicht sagen, denn die Anwendungsgebiete sind sehr unterschiedlich. Auch reichen die wissenschaftlichen Nachweise für die Wirkung von Akupunktur noch nicht aus, um die Effektivität der Behandlung abschließend einzuschätzen. Hierzu ist noch weitere Forschung nötig.
Das ist individuell sehr unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab, wie der Art der Beschwerden. Manche Menschen bemerken schon wenige Minuten nach der Behandlung eine positive Wirkung. Bei anderen vergehen einige Wochen, bis sich eine Veränderung zeigt.
Referenzen:
[2] Stux (2007). Akupunktur – Einführung. Berlin: Springer. https://link.springer.com/content/pdf/bbm:978-3-540-72356-1/1.pdf
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