Lange Zeit wurden Lebensziele anders gesetzt als heute. Früher war es vor allem wichtig, auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Je höher dort geklettert werden konnte, desto besser fühlten sich die Menschen. Es wurde sich etwas darauf eingebildet, je höher der eigene Posten war. „Höher, weiter, schneller“ schien das Motto zu lauten. Auch bei anderen Menschen stieg das Ansehen, wenn ein höherer Rang erreicht wurde. Allerdings kann mit dieser Einstellung schnell das Gegenteil erreicht werden. Wer in einem Hamsterrad gefangen ist und ständigem Stress, Konflikten sowie Hektik ausgesetzt ist, hat wenig Zeit für Familie, Freunde und die eigene Person. Früher oder später können diese Faktoren zu einem Burn-out führen. Eine bessere Alternative als das Erklimmen der Karriereleiter ist dann das Downshifting.

Was bedeutet Downshifting?

Das Wort Downshifting beschreibt die Verringerung der Arbeitszeit. Downshifting gleicht einer beruflichen Notbremse. Downshifter verabschieden sich bewusst vom Aufstieg in der Karriere und bekommen freiwillig weniger Arbeitszeit und Gehalt, um ein neues, besseres Leben zu führen. Die neue Lebensgestaltung besteht aus weniger Arbeit und Stress bei mehr Zeit für die Familie und sich selbst. Daher können Downshifter Vollgas im privaten Leben geben und schalten ein paar Gänge im beruflichen Umfeld zurück. Dies muss nichts Schlechtes bedeuten, hinter diesem Schritt steckt in den meisten Fällen eine Strategie. Wer jahrelang in einem solchen Hamsterrad gefangen ist, hat mit Glück ein hohes Einkommen und Ansehen, ist aber nicht glücklich. Nicht wenige Menschen ersticken durch die zunehmende Arbeitsverdichtung im Job.

Downshifter bekommen wichtige Dinge im Leben zurück: Gesundheit, Lebensbalance und Spaß. Aus diesem Grund sind viele Menschen glücklicher, wenn sie nach der Reduzierung der Arbeitszeit eine neue Karriere für sich entdecken.

Welche Gründe führen zum Downshifting?

Laut einer Tiefenstudie der Arbeitssoziologin Julia Gruhlich hat Downshifting mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Die Arbeitssoziologin führte mit 23 Menschen Interviews, in denen sie nach dem Auslöser für den Schritt zum Downshifting fragte. Trotz offener Fragestellung nannten alle Befragten die Arbeitsbedingungen. Diese können somit als einer der Hauptauslöser für das Downshifting gesehen werden.

In der Studie wurden noch weitere Gründe genannt, warum Menschen es vorziehen, sich aus der Arbeitswelt schrittweise zurückzuziehen:

  • Ist der Beruf der richtige für mich, wenn er aus ökonomischen Aspekten so ausgeführt werden muss? Viele Menschen können ihre Arbeit nicht so machen, wie sie es richtig finden. Daher suchen sie einen anderen, passenderen Beruf oder treten in der Arbeitswelt kürzer. Laut der Studie wurde dieser Grund bei den Menschen genannt, die in der Pflege- oder in Gesundheitsberufen arbeiten.
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten mehr Zeit mit der Familie und den Freunden verbringen. Aus diesem Grund gehen sie oftmals in eine Teilzeitbeschäftigung. In manchen Fällen hängen sie den Beruf ganz an den Nagel.
  • Durch zu viel Arbeit und dem damit verbundenen Stress können stressbedingte Krankheiten wie zum Beispiel Burn-out entstehen. Wer diese Krankheiten bekommt, tritt automatisch kürzer. In vielen Fällen wird die Arbeitszeit generell vermindert.
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Vor- und Nachteile von Downshifting

Downshifting kann als eine Form des Minimalismus bezeichnet werden. Minimalismus ist ein Lebensstil, der freiwillig einfach gehalten wird. Viele Arbeitnehmer können ihrem persönlichen Glück durch eine Reduzierung der Arbeitszeit nachhelfen. Dennoch gibt es Nachteile, mit denen jeder Downshifter rechnen muss. Die wichtigsten Vor- und Nachteile sind hier aufgelistet:

Vorteile von Downshifting

  • Der Mensch erreicht ein besseres Gleichgewicht zwischen verschiedenen Bereichen seiner Existenz. Das Ziel ist, ein ausgewogeneres, erfüllteres Leben zu führen und glücklich zu sein.
  • Mehr Freizeit: In der gewonnenen Zeit können Freunde getroffen, Hobbys gepflegt oder Träume verwirklicht werden. Dinge, die einem Menschen Spaß machen, erhöhen die Lebensqualität.
  • Der Stress wird reduziert, und Körper und Geist kommen zur Ruhe. Stressbedingte Krankheiten kommen nicht mehr so häufig vor. In vielen Fällen merkt der Körper erst, wie viel Druck und Stress er ausgesetzt war, wenn er kürzertreten kann.
  • Menschen, die ihre Arbeitszeit reduzieren, verspüren mehr Zufriedenheit. Wenn ein Mensch erschöpft zur Arbeit kommt, kann dieser keine Höchstleistungen mehr vollbringen. Downshifting kann hierbei die Arbeitsleistung, Motivation und die Produktivität steigern.

Nachteile von Downshifting

  • Weniger Einkommen führt für viele Downshifter zu Einschränkungen. Wer sich für „Weniger arbeiten, mehr Leben“ entscheidet, muss seinen gewohnten Lebensstandard einschränken – zumindest, wenn das Downshifting langfristig erfolgt. Diesen Weg muss der Mensch sich leisten können. Für die meisten bedeutet die Entscheidung zwar ein bewussteres Leben, aber auch Verzicht.
  • Als Downshifter schwimmen Sie gegen den Strom. Dies bedeutet, der Erwartungsdruck kann hoch sein, denn bei den meisten Menschen wird Karriere als oberste Priorität angesehen. Viele Menschen geben Downshiftern daher keinen Rückhalt und bringen wenig Verständnis für diese Lebensentscheidung auf.
  • In den meisten Fällen gibt es keine Option, zurückzurudern. Wer seine Stunden dauerhaft reduziert, kann dies einem neuen Arbeitgeber, der einen Arbeiter auf Vollzeitbasis sucht, schwer erklären. Es kann daher vorkommen, dass es schwerer fallen kann, eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung

In den meisten Fällen wird die Entscheidung für das Downshifting als kritisch angesehen. Es ist schwer, gegen die Meinung anderer mit Argumenten anzukommen. Sie sollten sich davon nicht verunsichern oder aus dem Konzept bringen lassen. Lassen Sie keinen Platz für Selbstzweifel und konzentrieren Sie sich auf die Zukunft. Für Ihre aktuelle Situation ist Downshifting das Richtige und niemand kann Ihnen etwas anderes einreden. Ob dies in fünf oder zehn Jahren noch das Richtige sein wird, kann niemand beantworten. Gehen Sie bei einem Jobwechsel im Guten auseinander und lassen Sie sich eine Türe offen, um eventuell später einen neuen Start zu wagen. Wichtig für den Moment ist, dass es für Sie die richtige Entscheidung ist und Sie Ihre Gründe dafür haben. Die Entscheidung hilft Ihnen dabei, in Ihrem Leben mit weniger Anstrengung weiter zu kommen – fast so, als würden Sie auf einem Treppenlift sitzen und die Stufen nach oben fahren.

Welche Möglichkeiten von Downshifting gibt es?

Um ein Downshifter zu werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Diese Optionen stehen Ihnen zur Verfügung:

Reduzierung der Arbeitszeit

Die in den meisten Fällen genutzte Downshifting-Möglichkeit ist die Reduzierung der Wochenstunden. Wenige Stunden können hier unter Umständen schon einen großen Erfolg erzielen. Die mentale Gesundheit erholt sich und es bleibt mehr Zeit für die Dinge, die vorher nicht oder nur schwer möglich waren. Das nimmt den Druck und sorgt für Entspannung.

Im Homeoffice arbeiten

Wenn die Möglichkeit besteht, eine Arbeitsstelle auf Homeoffice umzustellen, kann dies wertvolle Lebenszeit zurückbringen. Das Pendeln zur Arbeit oder das Stehen im Stau auf dem Weg zur Arbeit werden überflüssig. Stattdessen kann die Zeit für andere wichtige Dinge genutzt werden. Für viele Menschen bedeuten andere Menschen außerdem zusätzlichen Stress. Dieser wird im Homeoffice vermieden.

Die Position wechseln und die Verantwortlichkeit abgeben

Downshifting kann bedeuten, dass stückchenweise Verantwortung abgegeben wird. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, als Führungskraft zurückzutreten und nur noch als Experte zur Verfügung zu stehen. Ähnlich ist es bei einem Positionswechsel. Mit diesem Wechsel ergibt sich die Möglichkeit, weitere Verantwortung abzugeben. Die mit dem Downshifting verbundenen Ziele können erreicht und umgesetzt werden.

Komplett aussteigen – zumindest temporär

Die radikalste Möglichkeit des Downshiftings ist ein zeitlich begrenztes komplettes Ausscheiden aus dem Beruf – meist in Form von angestauter Urlaubszeit oder eines Sabbaticals. Hier können sich Downshifter voll und ganz einer Leidenschaft widmen, neue Tätigkeiten entdecken oder den Lebensstil wechseln. Einige Höfe und Hotels bieten beispielsweise Stellen für Downshifter an, bei denen sie die Abläufe im Betrieb unterstützen und dafür Kost und Logis erhalten.

Gedanken vor dem Downshifting

Bevor ein Mensch das Downshifting angeht, sollte er sich gut überlegen, ob dies der richtige Weg ist. Wenn Sie sich noch nicht sicher sind, lesen Sie sich diese Tipps durch, um Klarheit zu bekommen.

Finanzen

Überlegen Sie sich, ob Sie mit einer Reduzierung der Arbeitsstunden und mit der verbundenen Gehaltskürzung weiterhin zurechtkommen. Schreiben Sie die Dinge auf, die Sie sich aktuell gönnen, aber nicht brauchen oder worauf Sie verzichten können. Gerade für eine Familie kann Downshifting bedeuten, dass diese sich ein wenig umorientieren muss. Das sollte im Vorfeld klar und deutlich mit allen Beteiligten kommuniziert werden, damit alle an einem Strang ziehen können.

Ziele festlegen

Setzen Sie sich ein festes Ziel, welches durch das Downshifting erreicht werden soll. Soll die Arbeitszeit verkürzt oder die Arbeitsstelle gewechselt werden? Wenn Sie für diese Frage einen klaren Kopf brauchen, können Sie erst einmal einen unbezahlten Sonderurlaub nehmen. Nach diesem kann entschieden werden, wie es weitergehen soll. Klare Ziele helfen bei eventuellen Verhandlungen oder bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle. Denken Sie darüber nach, was Ihnen in Ihrem Leben wichtig ist.

Diese Fragen und Aussagen können dabei nützlich sein:

  • Meine persönlichen Stärken sind…
  • Das habe ich bisher gelernt…
  • Was macht mich glücklich?
  • Wie zufrieden bin ich in verschiedenen Bereichen des Lebens?
  • Was ist mir bisher gut gelungen und woran bin ich gescheitert?
  • Bringt mich meine aktuelle Arbeit meinen Zielen näher?
  • Was möchte ich in meinem Leben erreichen?
  • Öfter machen sollte ich:

Downshifting umsetzen

Reden Sie mit anderen Menschen darüber, dass Sie Ihr Arbeitsleben verändern möchten. Familienmitglieder, der Partner oder die Partnerin oder die Arbeitskollegen und der Chef sind hier die beste Wahl. Welche Kompromisse sind Sie bereit, einzugehen? Kann der Arbeitgeber Ihnen das Downshifting ermöglichen? Nur, wer seine Wünsche offen kommuniziert, kann die notwendige Hilfe und Unterstützung erhalten.

Wie kann der Chef vom Downshifting überzeugt werden?

Leider ist es noch so, dass Downshifter häufig auf wenig Verständnis beim Arbeitgeber stoßen. Es ist für Menschen schwierig, plausibel zu begründen, warum ein Schritt zurück für sie selbst wichtig und gut sein kann. Downshifter wählen bewusst ein einfacheres Leben und setzen als Ausgleich auf eine höhere Lebensqualität. In den meisten Fällen braucht es keine harten Argumente, um den Chef oder die Chefin davon überzeugen zu können. Es reicht, wenn Sie erklären, warum dieser Schritt für Sie wichtig ist. Damit erzeugen Sie Empathie und mehr Verständnis für Ihre Situation – gerade wenn Sie bisher ein gutes Verhältnis zu Ihren Vorgesetzten hatten.

Wenn sich Ihr berufliches Ziel aufgrund neuer Lebensumstände verändert hat, können Sie dies kurz erläutern. Geben Sie die Lebensumstände so wieder, dass Ihr Gesprächspartner diese nachvollziehen kann. Natürlich kann es vorkommen, dass die Position, in der Sie sich gerade befinden, nicht Ihren Erwartungen entspricht. Geben Sie Ihre Enttäuschung offen zu und beschönigen Sie diese nicht. Es kommt immer wieder vor, dass ein Mensch in eine berufliche Situation gerät, in der er sich nicht wohlfühlt. Trotzdem ist es wichtig, neue Dinge auszuprobieren. Zeigen Sie dies offen und ziehen Sie die richtigen Konsequenzen. Ihr Chef wird sehen, dass Sie daraus gelernt haben.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist Downshifting?

Downshifting ist die Verringerung der Arbeitszeit. Ziel ist es, ein selbstbestimmteres und erfüllteres Leben führen zu können. Das Leben wird durch weniger Arbeit und Stress sowie mehr Zeit für die Familie neu gestaltet. Das sorgt dafür, dass Sie ausgeglichener werden und sich auf sich, Ihre Gesundheit und Ihre Freizeit besser konzentrieren können.

Welche Möglichkeiten von Downshifting gibt es?

Downshifter können ihre Arbeitszeit reduzieren und mehr Freizeit gewinnen. In manchen Branchen ist es möglich, im Homeoffice zu arbeiten. Wer seine Arbeitszeit nicht verringern möchte, kann Verantwortung abgeben und in eine niedrigere Position wechseln.

Was sind gute Gründe für das Downshifting?
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten mehr Zeit mit der Familie und Freunden verbringen.
  • Menschen in Pflege- oder Gesundheitsberufen müssen aus ökonomischen Aspekten so arbeiten, wie es für sie nicht vertretbar ist.
  • Stressbedingte Krankheiten wie Burn-out.
Welche möglichen Folgen müssen bedacht werden?

Meistens fällt durch die geringere Stundenzahl am Ende des Monats Gehalt weg. Wenn sich ein Mensch darüber viele Gedanken gemacht hat und sich sicher ist, entscheidet er sich bewusst für diesen Weg.

Warum ist Downshifting sinnvoll?

Downshifting ist nicht als berufliches Scheitern anzusehen. Es kann eher als Entscheidung für ein anderes Lebensmodell gesehen werden. Downshifting macht es möglich, die Arbeitsleistung, Motivation und die Produktivität in der verbliebenen Zeit zu steigern und gleichzeitig die mentale Gesundheit zu verbessern.

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